Der Wortlaut und die Wahl der Kann Regelung verdeutlichen, dass der Gesetzgeber eine Ablehnung der Nachbesetzung als Ausnahme bzw. lediglich als Möglichkeit betrachtet hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde damit beabsichtigt, in gesperrten Planungsbereichen Überversorgung abzubauen und dadurch langfristig eine ausgewogenere räumliche Verteilung von Ärzten zu erreichen und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern.
Diese Handlungsoption wurde bereits im Folgejahr durch den Sachverständigenrat für Gesundheit als unzulänglich kritisiert. In seinem Gutachten über die bedarfsgerechte medizinische Versorgung mit dem Namen Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche stellte der Rat fest, dass bundesweit lediglich ein Vertragsarztsitz aufgekauft wurde. Aus Sicht des Rates ist das eine wenig verständliche Situation. Er schlägt daher einen verpflichtenden Praxiskauf bzw. eine gesetzliche Muss Regelung vor, sobald ein Versorgungsrad von über 200 Prozent, also der doppelten Anzahl der nach Maßgabe des Bedarfsplans vorgesehenen Arztzahl, festgestellt wird.
Die Bundesregierung ist dem Vorschlag des Rates nicht gefolgt. Stattdessen sieht das Versorgungsstrukturgesetz eine Soll Regelung vor, die ab einem Versorgungsgrad von 110% als Zulassungssperre greift. Tritt diese Regelung in Kraft, würde aus der bisherigen Ausnahme ein Gebot werden.
Dies stellt einen Paradigmenwechsel dar, denn künftig würde die Fortführung und Praxisübernahme in Gebieten mit einer Zulassungssperre unter der Begründungspflicht stehen. In den Zulassungsausschüssen würde die Ablehnung von Anträgen zur Nachbesetzung der Arzpraxis, verbunden mit dem Aufkauf der Praxis zur Regel, von der nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann, nämlich dann wenn es sich um ein Medizinisches Versorgungszentrum handelt.