Neben den individuellen Anpassungsmöglichkeiten im Bedarfsplan für einen Planungsbereich besteht auch die Möglichkeit, mithilfe der Feststellung eines Sonderbedarf die KV Zulassung beim Praxisverkauf trotz Überversorgung zu übergeben.
In diesem Fall müssen allerdings die unterschiedlichen Zuständigkeiten und Initiativrechte berücksichtigt werden. Während die Anpassungen im Bedarfsplan durch Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung auf Landesebene gegebenenfalls durch den Landesausschusses im Rahmen der allgemeinverbindlichen Bedarfspläne erfolgen, entscheidet über ggf. durch eine Sonderbedarfszulassung der Zulassungsausschuss über eine Praxisübernahme auf der Grundlage eines konkreten Einzelfalls.
Und während die regionalen und lokalen Anpassungen im Bedarfsplan der KV und Krankenkasse Steuerungsmöglichkeiten an die Hand geben, ist eine Prüfung einer Sonderbedarfszulassung abhängig vom entsprechenden Antrag eines Arztes. Unabhängig von diesen Besonderheiten stellt der Sonderbedarf nichtsdestotrotz ein Instrument zur Feinsteuerung der regionalen Arztpraxis Verteilung dar.
Die Sonderbedarfszulassung findet ihre rechtliche Grundlage im Paragraf 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V. Demnach ist Sonderbedarf für eine Kassenzulassung des Arztes zu gewähren, soweit dies für die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich ist.
Auch die Regelungen zum Sonderbedarf im Paragraf 36 ff der Bedarfsplanung Richtlinie sind im Rahmen der Reform der Bedarfsplanung überarbeitet worden. Mit der Regelung des Sonderbedarfs ist eine klare Abgrenzung zwischen lokalem und qualifikationsgebundenem Sonderbedarf einer Arztpraxis verbunden.
Während der lokale Sonderbedarf vornehmlich auf die unzureichende medizinische Versorgungslage innerhalb einer Region abhebt, zeilt der qualifikationsgebundene Sonderbedarf auf die besondere Qualifikation des antragstellenden Arztes und des geplanten Praxiskaufs ab. Neben dieser klaren Abgrenzung wurde bei der Neuregelung des Sonderbedarfs das entsprechende Prüfverfahren stringenter beschrieben, das über die kassenärztliche Zulassung entscheidet.
Prüfverfahren des Sonderbedarfes beim Praxiskauf
In einem ersten Schritt wird eine Region abgegrenzt, die durch die Sonderbedarfszulassung und eine bestimmte Arztpraxis oder ein Medizinisches Versorgungszentrum versorgt werden soll. Im Anschluss muss in dieser Region die medizinische Versorgungslage mit Blick auf die Anzahl der Arztpraxen im Sinne des Sonderbedarfsantrags als unzureichend bewertet werden.
Nach Abschluss dieses ersten Teils der Prüfung wird untersucht, ob am beantragten Praxisstandort die Mindestkriterien des Sonderbedarfs erfüllt sind. So soll der beantragte Standort der Arztpraxis einen dem beantragten Versorgungsspektrum entsprechenden Zentralitätsgrad für die Patienten aufweisen.
Ebenso soll vom Standort aus eine dem beantragten Versorgungsspektrum entsprechende Zahl an Patientendurch die Arztpraxis versorgt werden. Abschließend muss geprüft werden, ob mit der Sonderbedarfszulassung negative Auswirkungen auf bestehende Arztpraxen und Patientenversorgung zu erwarten sind.
Der Sonderbedarf bietet so die Möglichkeit, die Niederlassung von Ärzten punktgenau zu steuern. Allerdings liegt er nicht wie die anderen Instrumente der Bedarfsplanung in der Hand der Landesausschuss, sondern ist bei dem regionalem Zulassungsausschuss angesiedelt. Neben der kassenärztlichen Zulassung eines Arztes im Rahmen des Sonderbedarfs hat der Zulassungsausschuss auch die Möglichkeit, bestehenden Versorgungsdefiziten mithilfe einer Ermächtigung gegenüber der Praxisübernahme zu begegnen.
Die Ermächtigung findet ihre gesetzliche Grundlage im Paragraf 116 SGB V. Demnach ist eine Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungsmethoden und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten nicht sichergestellt wird.
Analog zum Sonderbedarf ist auch die Ermächtigung an den Antrag eines entsprechenden Arztes mit abgeschlossener Facharztweiterbildung gebunden und kann nicht für eine bestimmte Region ausgewiesen werden. Insofern kann der Zulassungsausschuss auch hier wie beim Sonderbedarf nur reaktiv den Antrag auf einen Praxiskauf oder Praxisneugründung steuern.
Eine Ermächtigung kann insbesondere in solchen Fällen genutzt werden, in denen die Voraussetzungen für einen Sonderbedarf beispielsweise mit Blick auf die ausreichende Patientenzahl nicht gegeben sind. Ermächtigungen sind in der Regel zeitlich, d.h. meist zwei Jahre, räumlich bezogen auf einen Ort und ihrem Umfang nach bezogen auf bestimmte medizinische Leistungen beschränkt.
Ablehung der Verlegung von Zweigpraxen und Praxisfilialen
Neben der Sonderbedarfszulassung oder der Ermächtigung hat der Zulassungsausschuss weitere Steuerungsinstrumente, um die regionale Verteilung der Ärzte zu beeinflussen. So besteht seit dem Versorgungsstrukturgesetz für den Zulassungsausschuss die Möglichkeit, den Antrag eines Arztes auf Arztpraxis Verlegung oder Gründung einer Zweigpraxis abzulehnen, wenn dem Versorgungsgründe entgegen stehen.
Analog zur Verlegung des Praxissitzes kann der Zulassungsausschuss auch den Antrag eines Arztes auf Gründung einer Zweigpraxis ablehnen, wenn dem Versorgungserwägungen entgegenstehen. Insbesondere in großflächigen Planungsregionen oder in Städten können diese Instrumente genutzt werden, um bestehende Versorgungsstrukturen zu erhalten bzw. zu stabilisieren.
Im Falle der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahren einer Arztpraxis in einem gesperrten Planungsbereich kann der Zulassungsausschuss zudem in bestimmten Fällen besondere Vesorgungsbedürfnisse in der Ausschreibung geltend machen. Auf diese Weise ist es möglich, beispielsweise die Fachgruppenzusammensetzung der Arztgruppe der Hausärzte näher am Versorgungsbedarf der Patienten auszurichten.