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Berechung des Praxisverkaufswert

Kaufpreis der Arztpraxis richtig bewerten

Bei der Praxisübernahme und der Berechung des Praxisverkaufswerts sind neben den verschiedenen Bewertungsverfahren die wirtschaftlichen Aspekte zu beachten. Die Wertermittlung einer Arztpraxis ist ein komplexer Vorgang, der neben klassischen betriebswirtschaftlichen Methoden auch eine rechtliche Bewertung der Rahmenbedingungen verlangt.
Der Erwerb einer ärztlichen Praxis ist für viele approbierte Mediziner ein bedeutsamer Schritt in die selbständige Tätigkeit. Die Bewertung des Kaufpreises einer Arztpraxis – der sogenannte Praxiswert – ist dabei nicht nur eine wirtschaftlich herausfordernde, sondern auch juristisch komplexe Aufgabe. Nachfolgend werden die maßgeblichen Bewertungsmethoden, rechtlichen Rahmenbedingungen und praxisrelevanten Einflussfaktoren ausführlich dargestellt.


Juristische Rahmenbedingungen bei der Praxiswertermittlung

Praxisverkaufswert richtig berechnen
Grundsätzlich unterliegt der Kauf einer Arztpraxis der Privatautonomie (§ 311 BGB). Kaufpreis und Vertragsbedingungen sind frei verhandelbar. Allerdings sind bei der Preisgestaltung und Vertragsgestaltung berufsrechtliche und sozialrechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen – insbesondere die Anforderungen der Zulassungsgremien nach der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) sowie berufsrechtliche Maßgaben nach der (Muster-)Berufsordnung für Ärzte (MBO-Ä).


Bewertungsverfahren: Methoden zur Praxiswertermittlung

Da eine Vertragsarztzulassung an die Person gebunden ist, kann sie nicht verkauft werden. Veräußerlich ist nur die Praxis als solche, d.h. die wirtschaftliche Einheit (Patientenstamm, Inventar, Praxisräume etc.). Die Zulassung wird durch die Zulassungsgremien (Zulassungsausschuss) im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens (§ 103 SGB V) neu vergeben.
1. Substanzwertverfahren
Beim Substanzwert wird der aktuelle Zeitwert der materiellen Vermögensgegenstände der Praxis (medizinische Geräte, EDV, Mobiliar etc.) bewertet. Dieser Ansatz bildet nur einen Teil des Gesamtkaufpreises und eignet sich bei Einzelbewertungen von Teilbereichen oder bei stark technologiegetriebenen Praxen.
2. Vergleichswertverfahren
Beim Vergleichswertverfahren wird der Praxiswert anhand tatsächlich realisierter Kaufpreise vergleichbarer Praxen ermittelt. Diese Methode ist insbesondere bei homogenen Marktbedingungen (z.B. Hausarztpraxis in ländlicher Region) nützlich, leidet jedoch an mangelnder Datenverfügbarkeit.
Substanzwertverfahren und Praxisverkaufswert
3. Ertragswertverfahren (modifiziertes Stuttgarter Verfahren)
Das Ertragswertverfahren ist die am häufigsten genutzte Methode zur Bewertung von Arztpraxen. Die Berechnung basiert auf dem nachhaltig erzielbaren Praxisgewinn (vor Steuern und nach kalkulatorischem Unternehmerlohn), abgezinst auf den Bewertungszeitpunkt:

Ertragswert = durchschnittlicher nachhaltiger Gewinn x Kapitalisierungsfaktor

Dabei wird ein Beobachtungszeitraum von i.d.R. 3 Jahren zugrunde gelegt. Der Kapitalisierungsfaktor variiert je nach Risiko, Marktumfeld und Fachrichtung – typischerweise zwischen 3,5 und 5.


Wirtschaftliche Faktoren, die den Praxiswert beeinflussen

1. Demographische Struktur des Patientenstamms
Die Alterspyramide des Patientenstamms ist ein kritischer Faktor. Eine stark überalterte Patientenstruktur kann mittelfristig zu einem Rückgang der Behandlungsfrequenz führen. Umgekehrt ist eine ausgewogene Altersverteilung mit hohem Anteil an Wiederholungsbesuchen wirtschaftlich stabiler.

2. Anteil chronisch kranker Patienten
Chronisch Kranke sichern regelmäßige und planbare Einnahmen (z.?B. DMP-Programme, Chronikerzuschläge). Ein hoher Anteil dieser Patientengruppe erhöht die Nachhaltigkeit des Ertragswerts.

3. Anteil an Privatpatienten und Selbstzahlern
Privatversicherte generieren i.?d.?R. höhere Honorare pro Fall. Ein hoher Privatanteil – insbesondere bei Fachärzten – kann den Kaufpreis signifikant beeinflussen. Ebenso wirken sich IGeL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen), soweit regelmäßig nachgefragt, positiv auf den Ertrag und damit den Praxiswert aus.

4. Alleinstellungsmerkmale und Spezialisierungen
Praxen mit besonderen Schwerpunkten (z.?B. spezialisierte Diagnostik, bestimmte Therapieverfahren) oder Alleinstellungsmerkmalen in der Region (z.?B. einziger Dermatologe im Umkreis) erzielen regelmäßig einen höheren Wert.

5. Umfeld und Konkurrenzsituation
Das soziodemografische Umfeld (z.?B. Zuzugsgebiet, Dichte an Mitbewerbern, ärztliche Versorgung im Radius) beeinflusst die Wirtschaftlichkeit und damit den Marktwert der Praxis maßgeblich. In überversorgten oder stark kompetitiven Regionen sinkt der Praxiswert tendenziell.

6. Infrastruktur und Standortfaktoren
Zugang zu Parkplätzen, Barrierefreiheit, gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die allgemeine Lage (Stadtteil, Laufkundschaft, Sichtbarkeit) stellen harte Standortfaktoren dar. Diese wirken sich auf Patientenfrequenz und Übernahmepotenzial aus.

7. Laufende Kosten und Dauerschuldverhältnisse
Ein Praxiswert hängt auch von der Kostenstruktur ab. Hierzu gehören insbesondere: Mietvertrag: Restlaufzeit, Miethöhe, Kündigungsrechte, EDV- und Abrechnungsverträge, Leasingverhältnisse (Geräte, Fahrzeuge etc.), Personalbindung und Lohnstruktur
Diese Positionen müssen beim Ertragswert als Abzugsposten oder bei der Fortführungsprognose berücksichtigt werden.

Steuerliche und haftungsrechtliche Aspekten
Ertragswertverfahren beim Praxisverkauf
Beim Praxiskauf entstehen regelmäßig steuerliche Folgen: Kaufpreisanteile für immaterielle Werte (z.?B. Patientenstamm) sind in der Regel nicht sofort absetzbar, sondern werden über 15 Jahre abgeschrieben (§ 7 Abs. 1 EStG). Der Käufer sollte die Zuordnung von Kaufpreisanteilen im Kaufvertrag eindeutig festhalten, um spätere Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden.
Haftungsrechtlich ist zu beachten, dass Dauerschuldverhältnisse (z.B. Wartungsverträge) regelmäßig nicht automatisch übergehen (§ 414 BGB). Eine Vertragsübernahme bedarf der Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners.

Fazit - Praxisverkaufswert Berechnung
Die Wertermittlung einer Arztpraxis ist ein komplexer Vorgang, der neben klassischen betriebswirtschaftlichen Methoden auch eine rechtliche Bewertung der Rahmenbedingungen verlangt. Der Ertragswert stellt dabei das zentrale Kalkulationsinstrument dar, ergänzt durch zahlreiche modifizierende Faktoren wie Patientenstruktur, Wettbewerbssituation und Standortqualität. Ein fundierter Kaufpreis setzt daher sowohl medizinisch-ökonomische Erfahrung als auch rechtliches Know-how voraus. Eine professionelle Begleitung durch Steuerberater, Fachanwälte für Medizinrecht und Praxisbewerter ist daher dringend zu empfehlen.

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Dr. med. Oliver Götte
28.04.2025

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