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Zulassungsbeschränkung bei der Praxisübernahme

Rechtsrahmen und regionale Differenzierung 

Bislang konnte ein Zulassungsausschuss die Praxisübernahme ablehnen, wenn ein Bezirk formal überversorgt war. Die Steuerung der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland folgt dabei einem komplexen System von Zulassungsbeschränkungen, das in § 95 SGB V verankert ist und durch die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) operationalisiert wird.

Ist ein Planungsbereich mit einem Versorgungsgrad von 110 Prozent formal überversorgt, kann der Zulassungsausschuss die Nachbesetzung und Praxisübernahme ablehnen, sofern keine Versorgungsgründe dagegen sprechen oder keine gesetzlich vorgegebenen Ausnahmen zu beachten sind.

Rechtliche Grundlagen der Zulassungsbeschränkung 

Das Sozialgesetzbuch V bildet die primäre Rechtsgrundlage für die Zulassungsbeschränkungen. § 95 Abs. 2 SGB V regelt, dass Anträge auf Zulassung oder Anstellung in medizinischen Versorgungszentren abzulehnen sind, wenn für die entsprechende Arztgruppe Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 SGB V angeordnet wurden. Der Versorgungsgrad nach § 101 SGB V dient dabei als zentrale Steuergröße, definiert als Verhältnis der vorhandenen zu den bedarfsgerecht notwendigen Vertragsarztsitzen.
Zulassungsbeschränkung bei der Praxisübernahme
Mathematische Bestimmung des Versorgungsgrades: Der Versorgungsgrad V berechnet sich nach einer Formel, die die bedarfsgerecht notwendigen Arztsitze darstellen. Ein Wert über 110% löst Überversorgungsmaßnahmen aus, während Werte unter 100% Unterversorgungsindikatoren sind


Praxisübernahme in überversorgten Gebieten

Rechtsfolgen bei Überschreitung der Obergrenzen. Gemäß § 103 Abs. 3a SGB V ist in Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad >110% die Praxisübernahme ausschließlich im Nachbesetzungsverfahren möglich. Der Zulassungsausschuss prüft hierbei:

- Die Versorgungsrelevanz der bestehenden Praxis
- Die Einhaltung von Facharztquoten
- Die regionale Verteilungsgerechtigkeit

Bei Versorgungsgraden =140% sieht § 103 Abs. 3a SGB 5 eine grundsätzliche Ablehnungspflicht vor, sofern keine besonderen Versorgungsaspekte vorliegen. In diesen Fällen besteht nach § 103 Abs. 3a S. 3 SGB V ein Entschädigungsanspruch in Höhe des Praxisverkehrswert.
Ablauf des Nachbesetzungsverfahrens. Antragstellung beim Zulassungsausschuss innerhalb von drei Monaten nach Praxisaufgabe. Prüfung der Versorgungsrelevanz innerhalb von sechs WochenÖffentliche Ausschreibung über die KV-Börse bei positiver EntscheidungBewerberauswahl durch den Zulassungsausschuss unter Berücksichtigung von FacharztsstatusVersorgungsschwerpunkten und regionaler Verteilungsgerechtigkeit.
Praxisübernahme in überversorgten Gebieten

Praxisübernahme in unterversorgten Gebieten

In Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad <90% gelten gemäß § 101 Abs. 2 SGB V erleichterte Zulassungsbedingungen: Keine Beschränkungen für Praxisneugründungen. Beschleunigtes Genehmigungsverfahren innerhalb von vier Wochen. Möglichkeit der Anstellungsgenehmigung auch bei formaler Überversorgung, wenn:

- Spezialisierte Versorgungsleistungen angeboten werden
- Besondere Bevölkerungsgruppen versorgt werden

Der Landesausschuss kann gemäß § 104 Abs. 1 SGB V zusätzliche Anreizsysteme implementieren, wie: Einmalige Niederlassungsprämien, Mietkostenzuschüsse, Fortbildungsförderung
Kritische Würdigung der ärztlichen Zulassungssteuerung
Systemimmanente SpannungsfelderZeitliche Verzögerungen: Die Bearbeitungsdauer von 5-6 Monaten für Nachbesetzungsverfahren steht im Konflikt mit der Kontinuitätspflicht der Versorgung nach § 75 Abs. 2 SGB V. Bewertungsdivergenzen: Die Berechnung des Versorgungsgrades nach § 101 SGB V berücksichtigt nicht: Demografische BesonderheitenMorbiditätsentwicklungen
und Facharztsubstitutionseffekte. Wertungsunterschiede: Die KV-interne Bewertung von "Versorgungsrelevanz" nach § 103 Abs. 3a SGB V unterliegt keiner einheitlichen Methodik.
Kritische Würdigung der ärztlichen Zulassungssteuerung
Zusammenfassung und Fazit
Die Zulassungsbeschränkungen bei der Praxisübernahme durch Ärztinnen und Ärzte werden in Deutschland durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) auf Grundlage des Sozialgesetzbuches V (SGB V) geregelt. Zentral ist dabei der Versorgungsgrad, der das Verhältnis zwischen vorhandenen und bedarfsgerechten Vertragsarztsitzen in einem Planungsbereich beschreibt. In überversorgten Gebieten mit einem Versorgungsgrad über 110 % ist die Niederlassung oder Praxisübernahme nur im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens möglich, das strengen Prüfungen unterliegt. Bei einem Versorgungsgrad ab 140 % ist eine Zulassung grundsätzlich abzulehnen, sofern keine besonderen Versorgungsbedarfe vorliegen.

In unterversorgten Gebieten dagegen bestehen keine Beschränkungen, dort können Ärztinnen und Ärzte sich frei niederlassen oder Praxen übernehmen. Das System sieht auch Fördermaßnahmen vor, um die Versorgung in unterversorgten Regionen zu verbessern. Trotz dieser Regelungen bestehen Herausforderungen, etwa durch Verzögerungen im Verfahren und unzureichende Berücksichtigung demografischer und morbiditätsbezogener Faktoren.
Versorgungsgrad bei der Praxisübernahme
Das Zulassungssystem der KVen stellt ein wichtiges Instrument zur Steuerung der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland dar und trägt dazu bei, Über- und Unterversorgung regional auszugleichen. Die differenzierte Handhabung der Zulassungsbeschränkungen je nach Versorgungslage ist sinnvoll und notwendig, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen.
Dennoch besteht Reformbedarf, insbesondere hinsichtlich der Flexibilisierung der Versorgungsgradberechnung und der Beschleunigung von Nachbesetzungsverfahren. Nur so kann die Kontinuität der Patientenversorgung gewährleistet und die Attraktivität der Niederlassung in strukturschwachen Regionen erhöht werden.

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Dr. med. Oliver Götte
09.05.2025

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