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Praxisverkauf: Steurerliche Fallstricke vermeiden

Steuerliche Fallstricke beim Verkauf einer Arztpraxis -
Was Ärzte unbedingt beachten müssen

Der Verkauf einer Arztpraxis stellt nicht nur eine wirtschaftlich bedeutsame Entscheidung dar, sondern auch einen komplexen steuerlichen Vorgang, der mit erheblichen Risiken verbunden ist. Zwar können steuerliche Begünstigungen – etwa im Rahmen des §?16 Einkommensteuergesetz (EStG) – in Anspruch genommen werden, doch stellen die Finanzämter hohe Anforderungen an die tatsächliche Gestaltung des Verkaufs. Fehler in der Planung oder Umsetzung führen schnell zum Verlust steuerlicher Privilegien und können erhebliche Nachzahlungen nach sich ziehen.


1. Steuerbegünstigung nach §16 EStG – Voraussetzungen und Risiken

Ein Gewinn aus der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis kann nach §16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerlich begünstigt sein. Voraussetzung ist:

  • Aufgabe oder Verkauf der gesamten Praxis

  • Oder: Verkauf eines selbstständigen Teilbetriebs (Teilpraxis)

Praxisverkauf Steuerliche Fallstricke vermeiden
Fallstrick:
Die Finanzverwaltung erkennt einen „Teilbetrieb“ nur an, wenn dieser organisatorisch verselbstständigt und nachhaltig lebensfähig ist. Bei nur formaler Trennung oder rein buchhalterischer Aufspaltung wird der Vorgang nicht als begünstigte Teilbetriebsveräußerung anerkannt.

Folge: Der Veräußerungsgewinn unterliegt dann dem vollen progressiven Einkommensteuersatz statt dem reduzierten Steuersatz nach §34 EStG oder dem Freibetrag nach §16 Abs. 4 EStG.


2. Problem der „künstlichen Trennung“ bei Praxisteilverkäufen

Viele Praxisinhaber versuchen, ihre Praxis vor dem Verkauf in Teilpraxen aufzuteilen (z.B. Privat-/KV, alternative/konventionelle Medizin). Die Rechtsprechung erkennt eine solche Trennung nur dann steuerlich an:
  • wenn eine wesensmäßig unterschiedliche Tätigkeit vorliegt
  • die Einheiten räumlich, personell und organisatorisch voneinander getrennt sind
  • ein eigener Patientenstamm betreut wird.
Problem der künstlichen Trennung bei Praxisteilverkäufen
Fallstrick:
Eine künstliche oder lediglich formale Trennung ohne echte wirtschaftliche Eigenständigkeit wird steuerlich nicht anerkannt. Die Finanzverwaltung prüft anhand des Gesamtbilds der Verhältnisse (vgl. 85 AO i.V.m. H 16 Abs.1 „Teilbetrieb“ EStH).


3. Zeitpunkt der Trennung – Rückwirkungsverbot beachten

Die Trennung einer Teilpraxis muss rechtzeitig vor dem Verkauf tatsächlich gelebt werden. Der Bundesfinanzhof fordert, dass die Teilpraxis mindestens ein ganzes Veranlagungsjahr selbstständig geführt wurde (BFH vom 14.07.1994 – IV R 6/93).

Rechtsgrundlage: §34 Abs. 3 EStG (Fünftelregelung nur bei echten Veräußerungsvorgängen).
Zeitpunkt der Trennung Rückwirkungsverbot beachten
Fallstrick:
Wird die Praxistrennung erst kurz vor dem Praxisverkauf umgesetzt, liegt kein begünstigter Teilbetriebsverkauf vor. Die Steuervergünstigungen sind dann vollständig ausgeschlossen.


4. Missbrauch steuerlicher Gestaltung – §42 AO

Wenn die Umstrukturierung der Praxis allein steuerlichen Zwecken dient, kann das Finanzamt den Vorgang als rechtsmissbräuchlich nach §?42 Abgabenordnung (AO) werten. In solchen Fällen wird die steuerlich günstigere Gestaltung nicht anerkannt.

Typischer Fall: Nachträgliche Aufteilung in mehrere Schein-Teilbetriebe, um Steuervorteile zu generieren.

Missbrauch steuerlicher Gestaltung §?42 AO beim Praxisverkauf

5. Einzelne Komponenten der organisatorischen Trennung – kein fester Katalog

Die Finanzverwaltung betrachtet die organisatorische Selbstständigkeit im Lichte des „Gesamtbilds der Verhältnisse“ (R 4.1 Abs.?3 EStR). Wichtige, aber nicht abschließend entscheidende Merkmale:
  • Eigene Patientenkarteien
  • Separates Personal
  • Getrennte Buchführung & Abrechnung
  • Unterschiedliche Telefonnummern / Webauftritte
  • Eigene Bankkonten & Gewinnermittlung
Einzelne Komponenten der organisatorischen Praxistrennung
Fallstrick:
Das Vorliegen einzelner Kriterien reicht nicht aus. Die Gesamtheit muss eine nachhaltig funktionsfähige Einheit ergeben.


6. Verbindliche Auskunft – §89 AO als Absicherung
Angesichts der hohen Unsicherheit empfiehlt sich die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt gemäß §89 Abs.2 AO. Damit kann vorab geklärt werden, ob die geplante Gestaltung als steuerlich begünstigte Veräußerung anerkannt wird.

Die verbindliche Auskunft schützt vor späterer steuerlicher Aberkennung – allerdings nur, wenn der dargestellte Sachverhalt korrekt umgesetzt wird.

Fazit: Fallstricke beim Praxisverkauf
Der Verkauf einer Arztpraxis bietet steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten – aber auch erhebliche Fallstricke. Besonders riskant sind Teilverkäufe, bei denen die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung nicht erfüllt sind. Das Steuerrecht verlangt eine echte organisatorische und wirtschaftliche Eigenständigkeit der Teilpraxis – und lehnt künstliche Konstruktionen konsequent ab.

Empfehlung:
Ärzte sollten frühzeitig mit einem Steuerberater und ggf. Fachanwalt für Steuerrecht die Strukturierung der Veräußerung planen, die Trennung dokumentieren und sich ggf. durch eine verbindliche Auskunft absichern. Nur so lassen sich finanzielle Einbußen und langwierige Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung vermeiden.


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Dr. Axel Knoth
14.04.2015

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