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Praxisabgabe durch Umwandlung in eine Berufsausübungsgemeinschaft BAG

Praktische Vorteile und rechtliche Fallstricke

Die Abgabe einer Arztpraxis markiert einen bedeutenden Einschnitt in der beruflichen Laufbahn einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes. Neben dem klassischen Modell des Verkaufs oder der Nachbesetzung über den Zulassungsausschuss gewinnt die Umwandlung einer Einzelpraxis in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zunehmend an praktischer Bedeutung. Dieses Vorgehen erlaubt eine fließende Übergabe, eröffnet steuerliche Gestaltungsspielräume und erleichtert die Nachwuchsgewinnung. Gleichzeitig sind jedoch berufsrechtliche, sozialrechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, deren Missachtung erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Dieser Artikel bietet eine kurze juristische Bewertung der Praxisabgabe durch Umwandlung in eine BAG und beleuchtet die relevanten Regelungsbereiche unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung, insbesondere des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
Praxisabgabe durch Umwandlung in eine Berufsausübungsgemeinschaft BAG


Begriff und rechtliche Einordnung der Berufsausübungsgemeinschaft

Die Berufsausübungsgemeinschaft ist eine ärztliche Kooperationsform, bei der sich mindestens zwei Ärztinnen/Ärzte zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zusammenschließen. Sie kann als ärztliche Partnerschaftsgesellschaft, GbR oder PartGmbB geführt werden. Rechtliche Grundlage ist §33 der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) sowie die Muster-Berufsordnung §18 MBO-Ä, die eine gemeinsame Berufsausübung bei Wahrung der fachlichen Unabhängigkeit zulässt.

Rechtliche Einordnung der Berufsausübungsgemeinschaft BAG
Die BAG ist von der Praxisgemeinschaft, der Apparategemeinschaft und insbesondere von reinen Anstellungsverhältnissen zu unterscheiden. Während in einer BAG alle Partner selbständig tätig sind und gemeinschaftlich wirtschaften, bleibt die berufliche Selbstständigkeit in anderen Kooperationsformen unberührt.


Berufsrechtliche Voraussetzungen und Regelungen

Nach §18 MBO-Ä müssen alle Gesellschafter in einer BAG ärztlich tätig sein, die Verantwortung für ihre medizinischen Leistungen tragen und Weisungsfreiheit gegenüber nichtärztlichen Mitarbeitern besitzen. Der Zusammenschluss darf nicht zur Umgehung berufsrechtlicher Pflichten, insbesondere der ärztlichen Unabhängigkeit, erfolgen.

Die Ärztekammern verlangen i. d. R. die Vorlage des Gesellschaftsvertrags, eine Anzeige der Kooperationsaufnahme sowie den Nachweis der fachlichen Gleichwertigkeit der Partner. Insbesondere wird darauf geachtet, dass keine Schein-BAG vorliegt, bei der z. B. ein "Juniorpartner" tatsächlich angestellt ist (vgl. BSG, Urt. v. 04.03.2010, Az. B 6 KA 7/09 R).


Sozialrechtliche Rahmenbedingungen nach SGB V

Nach §95 SGB V sind BAGs ausdrücklich als zugelassene Leistungserbringer vorgesehen. Voraussetzung ist, dass alle Partner über eine eigene Zulassung verfügen und in das Arztregister eingetragen sind. Die gemeinsame Berufsausübung muss beim Zulassungsausschuss angezeigt und genehmigt werden (§33 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV).
Sozialrechtliche Rahmenbedingungen der BAG
Die Umwandlung einer Einzelpraxis in eine BAG kann ohne Ausschreibung erfolgen, sofern die ursprüngliche Zulassung weitergeführt und kein neuer Sitz geschaffen wird. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn der Praxisinhaber einen künftigen Nachfolger zunächst als Juniorpartner aufnimmt. Es handelt sich um eine sozialrechtlich zulässige Form der „Nachfolge auf Raten“.

Gleichzeitig müssen Honorarverteilungsmaßstäbe transparent und fair geregelt werden. Eine verdeckte Anstellung unter dem Deckmantel einer BAG führt zur Honorarrückforderung (vgl. BSG, a. a. O.) und ggf. zum Widerruf der Zulassung.

Verfassungsrechtliche Aspekte: Berufsausübungsfreiheit und Vertragsarztrecht
Nach Art. 12Abs. 1 GG genießt die freie Berufsausübung grundrechtlichen Schutz. Die Praxisabgabe durch Umwandlung in eine BAG ist Ausdruck dieser Freiheit, darf jedoch durch gesetzliche Regelungen im Bereich der sozialen Sicherungssysteme eingeschränkt werden, sofern dies verhältnismäßig erfolgt.

Das BVerfG hat mehrfach entschieden, dass Einschränkungen der vertragsärztlichen Zulassung (z. B. durch Bedarfsplanung oder Kooperationsauflagen) zulässig sind, sofern sie der Sicherstellung einer gleichmäßigen, flächendeckenden und qualifizierten Versorgung dienen. Die Bildung von BAGs fördert grundsätzlich diese Ziele und steht nicht im Widerspruch zum Grundgesetz.

Praktische Vorteile und rechtliche Fallstricke

  • Schrittweise Praxisnachfolge ohne Sitzverlust
  • Einführung des Nachfolgers in die Praxisstruktur
  • Gemeinsame Nutzung von Infrastruktur und Personal
  • Steuerliche Optimierungsmöglichkeiten (u. a. im Rahmen der unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Einbringung)
Praktische Vorteile und rechtliche Fallstricke BAG
Rechtliche Risiken Umwandlung BAG
Rechtliche Risiken Umwandlung in BAG

  • Gefahr der Scheinselbstständigkeit
  • Unzureichende gesellschaftsvertragliche Regelungen
  • Fehlerhafte Anzeige oder Genehmigung bei der KV
  • Berufsrechtliche Konflikte bei Weisungs- oder Gewinnverteilung
Besonders kritisch sind Konstruktionen, in denen der Praxisnachfolger z. B. kein wirtschaftliches Risiko trägt oder bei Ausscheiden keine Abfindung erhält. Dies kann als Umgehung der Zulassungspflichten gewertet werden.

Fazit und Handlungsempfehlungen
Die Umwandlung einer Einzelpraxis in eine BAG stellt ein geeignetes Instrument dar, um eine ärztliche Praxis wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoll zu übergeben. Sie ermöglicht eine strukturierte Einführung des Nachfolgers, erhöht die Rechtssicherheit und bietet Flexibilität in der Gestaltung der Versorgung.

Gleichzeitig ist die Einhaltung der sozial-, berufs- und verfassungsrechtlichen Vorgaben unabdingbar. Eine rein formale Gesellschaftsgründung mit wirtschaftlich angestellter Stellung des Nachfolgers birgt erhebliche Risiken bis hin zum Verlust der Honoraransprüche und der Zulassung.

Wer die rechtlichen Leitplanken beachtet, kann mit der Umwandlung in eine BAG einen flexiblen, rechtssicheren und wirtschaftlich vorteilhaften Weg der Praxisabgabe beschreiten.
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Dr. Christiane Töfflinger
22.06.2024

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