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Verlegung des Vertragsarztsitzes nach der Praxisübernahme

Über Verlegung des Vertragsarztsitzes nach dem Praxiskauf entscheidet der Zulassungsausschuss.

Eine unscheinbare Regelung im GKV Versorgungsstrukturgesetz kann dazu führen, dass Praxisverlegungen nach der Praxisabgabe nur noch eingeschränkt möglich sein werden. So kann die nach dem Praxisverkauf geplante Praxisverlegung für den Arzt jedoch auch mit einem jahrelangen Rechtsstreits verbunden sein. Gerade in Großstädten und großflächigen Landkreisen wird die Gesetzesänderung erhebliche Bedeutung erlangen. Ärzte, die nach dem Arztpraxis kaufen kurz- oder mittelfristig einen Praxisumzug planen, sollten laut Praxisbörse dies bereits beim Praxiserwerb berücksichtigen.


Derzeit regelt § 24 Abs. 7 der Zulassungsverordnung für Ärzte, dass der Zulassungsausschuss den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nach der Praxisübergabe zu genehmigen hat. Die Praxisverlegung soll nur genehmigt werden, wenn keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen. Nach dem neuen Versorgungsstrukturgesetz werden in dieser Regelung nun das Wort hat durch das Wort darf und das Wort zu durch das Wort nur ersetzt.

Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei nur um eine Klarstellung der derzeitigen Praxisabgaben Rechtslage. Man könnte meinen, dass die klarstellende Änderung von zwei Worten nicht zu weitreichenden Änderungen führen könne. Diese Annahme wäre aber voreilig. Nach der Änderung lautet die Regelung nun: Der Zulassungsausschuss darf den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.

Bisher hatte der Arzt einen Anspruch auf Verlegung der Arztpaxis nach dem Praxiserwerb, wenn keine Versorgungsgründe entgegenstehen. Die Neufassung dürfte demgegenüber dahingehend auszulegen sein, dass die Genehmigung im Ermessen des Zulassungsausschusses liegt und dieser positiv feststellen muss, dass unter Versorgungsgesichtspunkten die Verlegung nicht nachteilig ist.

Um die Bedeutung in Gänze einzuschätzen, muss man sich noch zwei Aspekte vergegenwärtigen. Die Krankenkassen vertreten bekanntlich die Auffassung, in Deutschland herrsche kein Mangel an Vertragsärzten, die Praxisstandorte seien nur schlecht verteilt. Zweitens ist zu beachten, dass die Kassenärztliche Vereinigung gegen die Genehmigung eines Verlegungsantrages Widerspruch einlegen können und dieser Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, der Arzt also seine Praxis bis zum Abschluss des Verfahrens nach dem Praxiskauf nicht verlegen darf.

Wenn ein Arzt zukünftig seine Praxis z. B. von Berlin-Marzahn nach Charlottenburg oder in einem großflächigen Landkreis vom Dorf in die Kreisstadt verlegen möchte, so muss der Zulassungsausschuss ermitteln und begründen, dass diesen Planungen keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen. Entscheidet er entsprechend dem Antrag des Arztes, ist eine Krankenkasse oder die KV hiermit aber nicht einverstanden, so kann sie Widerspruch und gegebenenfalls Klage erheben und gerichtlich prüfen lassen, ob die Entscheidung der Zulassungsgremien richtig war, insbesondere ob die versorgungsrelevanten Gesichtspunkte zutreffend ermittelt wurden.

Solche Fragen der Bedarfsermittlung sind im Zusammenhang mit Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen bekannt. Nach der Rechtsprechung bestehen extrem hohe Anforderungen an Umfang und Qualität der Bedarfsermittlung und an die Bewertung der relevanten Versorgungssituation. Immer wieder wurden in der Vergangenheit solche Entscheidungen von den Gerichten wegen Ermittlungsdefiziten aufgehoben. Die Verfahren ziehen sich dann über Jahre, da nach dem Gang durch die Instanzen die Berufungsausschüsse erneut entscheiden müssen.

Der Arzt, der seine Praxis verlegen möchte, kann aber in der Regel nicht Jahre warten. Er hat häufig neue Räume bereits angemietet oder jedenfalls Mietoptionen vereinbart, oft hat er auch die bisherigen Praxisräume bereits gekündigt oder muss bei einem längeren Verbleib in den alten Räumen in diese investieren. Wenn man also eine Verlegung verhindern möchte, so wird dies häufig bereits mit der Einlegung von Widerspruch und Klage gelingen, da der Arzt wegen der Verzögerung seine konkreten Pläne aufgeben muss.

Schließlich ist es bei Nachfolgezulassungen bisher nicht unüblich, dass der Praxiskäufer nach drei bis sechs Monaten den Praxisstandort wechselt, z. B. um mit anderen Kollegen zukünftig an einem neuen Ort in einer Berufsausübungsgemeinschaft BAG tätig zu sein. In der Regel waren solche Konzepte zur Gründung oder Erweiterung von Berufsausübungsgemeinschaften bisher planbar. Wegen der Gesetzesänderung gilt dies zukünftig nur noch eingeschränkt. Die Änderung hat somit für die Praxisabgabe und Praxisübernahme wesentliche Auswirkungen.

Fazit
1847 hat ein Staatsanwalt im Rahmen seines Vortrages über die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft ein geflügeltes Wort geprägt, dass durch drei berichtigende Worte des Gesetzgebers ganze Bibliotheken zur Makulatur werden. In Bezug auf die Verlegung des Vertragsarztsitzes gelang dies dem Versorgungsstrukturgesetz mit nur zwei Worten. 

Dr. Ingo Pflugmacher
01.07.2015

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