Obwohl diese Regelung einfach erscheint, entstehen nach dem Praxiskauf und der Arztpraxis Neugründung rechtlich immer wieder Probleme und Zweifelsfälle. Da eine unzulässige Vertretung aber dazu führen kann, dass die Kassenärztliche Vereinigung das Honorar kürzt, sollte jeder Arzt die Grundzüge der Vertretungsregelungen nach der Praxisübergabe kennen.
Die Ärzteverordnung schreibt vor, dass sich der Vertragsarzt bei Urlaub, Krankheit, Ärztefortbildung oder der Teilnahme an einer Wehrübung vertreten lassen darf. Diese Vertretung ist innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten für die Dauer von drei Monaten zulässig. Eine Vertragsärztin darf sich darüber hinaus im zeitlichen Zusammenhang mit einer Schwangerschaft und Entbindung für sechs Monate vertreten lassen.
Juristisch wurde erörtert, ob ein Arzt nicht z.B. jeden Freitag privatärztlich in einer nahe gelegenen Privatklinik operieren und sich gleichzeitig in seiner Praxis vertreten lassen darf. Oder eine radiologische Gemeinschaftspraxis verfügt über genehmigte ausgelagerte Praxisräume zum Betrieb eines MRT und überlegt, ob der Seniorarzt nach der Praxisabgabe ausschließlich in der Zweigpraxis arbeitet und sich in der Hauptpraxis vertreten lässt. Schließlich fragte ein gutachterlich tätiger Arzt an, ob er sich während der Zeit, in der er Gutachten diktiert, in seiner Sprechstunde vertreten lassen kann.
In allen Beispielen ist eine Vertretung unzulässig, da kein so genannter Vertretungsfall vorliegt. Der Vertragsarzt bzw. die Vertragsärztin ist nicht aufgrund von Urlaub, Krankheit, Wehrübung, Fortbildung oder Schwangerschaft an der Ausübung seines Berufes gehindert. Vielmehr möchte er ärztlich arbeiten und sich gleichzeitig vertreten lassen. Dies ist aber auch nach einem Praxisverkauf nicht zulässig.
Der Arzt muss auch beachten, dass im Honorarverteilungvertrag oder den Abrechnungsanweisungen vorgeschrieben ist, dass mit der Honorarabrechnung auf der Sammel- oder Garantieerklärung angegeben wird, wann der Arzt sich durch wen vertreten hat lassen. Zwar schreibt die Ärzte Zulassungsverordung nur vor, dass die Vertretung nur bei längerer Dauer als eine Woche der Kassenärztlichen Vereinigung KV mitzuteilen ist, die Regelungen der Honorarverteilungsverträge gelten jedoch ergänzend.
Wer also selbst vertragsärztliche Leistungen erbringt und gleichzeitig seine Vertretung anzeigt, wird früher oder später ein Problem bekommen. Auch wenn er jetzt noch keiner Kennzeichnungspflicht unterliegt, wonach der jeweils erbringende Arzt durch ein Kürzel in der Praxis EDV zu vermerken ist, so wird er spätestens bei der kommenden Einführung der individuellen Arztnummer und der ergänzenden Betriebsstättennummer die Doppeltätigkeit nicht mehr verbergen können. Rückwirkende Prüfungen über mindestens vier Jahre dürften das Ergebnis sein.
Häufig wird auch die Frage gestellt, ob ein Arzt sich z.B. jeden Freitagnachmittag vertreten lassen könne, da er in dieser Zeit Urlaub nehme. Dies ist nicht zwingend unzulässig, da es keine Regelung gibt die einen eintägigen Urlaub untersagt. Aufgrund des üblichen und richtigen Verständnisses von Urlaub dürfte aber sicherlich der halbtätige Urlaub an jedem Mittwochnachmittag bei gleichzeitiger Beschäftigung eines Vertreters das Verständis einer KV oder eines Gerichtes überstrapazieren.