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Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) nach Praxisübernahme

Rechtlicher Rahmen und ärztliche Außendarstellung

Mit der Übernahme einer Arztpraxis stellt sich für viele Ärztinnen und Ärzte die Frage, in welchem Umfang individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) angeboten und beworben werden dürfen. Während solche Leistungen grundsätzlich zulässig sind, bewegt sich ihre Außendarstellung im Spannungsfeld zwischen Patientenaufklärung, Berufsethik und Wettbewerbsrecht. Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus der Kombination von verfassungsrechtlich garantierter Berufsfreiheit (Art. 12 GG), ärztlicher Aufklärungspflicht (§ 630e BGB), dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) und den Berufsordnungen der Ärztekammern (MBO-Ä).

Was sind IGeL-Leistungen – und warum sind sie rechtlich sensibel?

Definition gemäß GKV-Spitzenverband:
IGeL-Leistungen sind medizinisch sinnvolle, aber nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthaltene Maßnahmen, die vom Patienten selbst zu zahlen sind.
Praxisübernahme und IGeL Angebot
Rechtsgrundlagen:
§ 630c Abs. 3 BGB (Hinweispflicht auf Selbstzahlerkosten)
§ 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot)
Musterberufsordnung (MBO-Ä), z.B. § 27 (Ärztliche Werbung)
Der Arzt muss den Patienten sachlich, vollständig und ohne wirtschaftliche Einflussnahme über IGeL-Leistungen informieren. Die Entscheidung liegt allein beim Patienten – sein freier Wille ist unantastbar.


Außendarstellung: Vom Werbeverbot zur Werbefreiheit

Rechtsprechung: Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
Das BVerfG hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass die ärztliche Berufsfreiheit (Art. 12 GG) auch die kommunikative Außendarstellung umfasst (BVerfG, 1 BvR 233/81 u. a., sog. „Apotheken-Urteil“).

Sachliche Information ist erlaubt. Verboten bleibt Werbung, die anpreisend, irreführend oder berufswidrig ist.
Ein besonders beachteter Fall (Az. 1 BvR 1287/08) betraf einen Orthopäden, der in einem Interview als „Pionier der Wirbelsäulen-OP“ gefeiert wurde. Die Ärztekammer sanktionierte ihn – das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil mit dem Hinweis auf zulässige Image- und Sympathiewerbung auf.


Was ist erlaubt – und was nicht? Die Werbe-Grenzen nach der MBO-Ä

IGeL Werbeverbot und Werbegrenzen
Zulässige Werbeinhalte:
Sachliche Beschreibung von IGeL-Leistungen
Darstellung von Spezialisierungen und Fortbildungen
Hinweis auf Mitgliedschaften (z.?B. Fachgesellschaften)
Angaben zu Praxisphilosophie, Hobbys, Team
Broschüren, Internetseiten, Social Media – sofern sachlich


IGeL in Broschüren und Online-Auftritten

Unzulässige Werbung (berufswidrig):
Anpreisende oder marktschreierische Sprache
Vergleichende Werbung mit anderen Ärzten
Irreführende Versprechungen („Heilung garantiert“)
Wirtschaftlicher Druck auf den Patienten
Umsatzbeteiligungen des Praxispersonals an IGeL-Angeboten
Berufsrechtliche Grundlage: § 27 MBO-Ä + Kammerregelungen der Landesärztekammern
IGeL Werbung nach Praxisübernahme

Informationsweitergabe durch Praxispersonal
Verantwortung bleibt beim Arzt:
Auch wenn medizinische Fachangestellte (MFA) den ersten Hinweis auf IGeL geben, liegt die rechtliche Verantwortung beim Arzt selbst. Er ist für Einweisung, Überwachung und Kontrolle des Personals verantwortlich (§ 278 BGB analog).
Umsatzbeteiligungen der MFA an IGeL-Leistungen sind hochriskant und aus Sicht der Kammern problematisch bis berufsrechtswidrig.

Fazit: IGeL rechtssicher, transparent und patientenzentriert gestalten
IGeL Leistung in der Arztpraxis

Die Bewerbung und Erbringung individueller Gesundheitsleistungen ist Ärzten nach der Praxisübernahme grundsätzlich erlaubt, unterliegt jedoch engen rechtlichen Grenzen. Die wichtigsten Leitplanken sind:

  • Transparenz
  • Sachlichkeit
  • Patientenschutz und Selbstbestimmung
  • Berufsethische Verantwortung
Die Ärztekammern, Gerichte und der Gesetzgeber geben hierfür einen klaren Rahmen vor. Wer sich an diesen orientiert, kann IGeL-Leistungen rechtssicher anbieten, ohne das Vertrauensverhältnis zum Patienten zu gefährden – im Gegenteil: eine gut strukturierte Außendarstellung stärkt die Praxis in ihrer Positionierung und Seriosität.

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Dr. jur. Ingo Pflugmacher
19.10.2024

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