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Praxisverkauf an Medizinisches Versorgungszentrum MVZ

Neue Chancen bei der Praxisabgabe

Im Gegensatz zu der klassischen Konstellation, dass ein Vertragsarzt seine KV Zulassung bzw. seinen KV-Sitz auf einen anderen Vertragsarzt überträgt, gilt es bei der Abgabe der Arztpraxis an ein MVZ ein paar Fallstricke zu umgehen damit es nicht zu bösen Überraschungen kommt.

Dabei sind zwei Varianten bei der Praxisabgabe an ein MVZ möglich, nach denen vorgegangen werden kann.


Variante 1: Normales Nachbesetzungverfahren

Praxisverkauf an Medizinisches Versorgungszentrum MVZ
Hierbei wird ein normales Nachbesetzungsverfahren durchgeführt. Möglich ist, dass das MVZ als Bewerber auf den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz agiert. Im Rahmen dieses Nachbesetzungsverfahrens muss das MVZ zwingend einen Arzt benennen, der den KV-Sitz übernimmt.
In vielen Kassenärztlichen Vereinigungen ist es so, dass der Vertragsarztsitz des Praxisabgebers automatisch an den Sitz des MVZ wandert. Soll die ärztliche Tätigkeit jedoch an dem Praxisort fortgeführt werden, an dem der Praxisabgeber seinen Vertragsarztsitz innehatte, hat das MVZ einen Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis oder Arztpraxis Filiale gemäß § 24 Abs. 3 der Ärzte Zulassungsverordnung zu stellen.

Nachteil der Variante 1 ist die Tatsache, dass bei Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens weitere Bewerber:innen bei der Praxisabgabe auftreten können, die gegebenenfalls besser qualifiziert sind und daher von der KV bevorzugt werden. Diese können vom Praxisabgeber aber als Praxisnachfolger unerwünscht sein, weil der Verkaufserlös dadurch sinkt.


Variante 2: Verlagerung des Vertragsarztsitz an den Ort des MVZ

Die Durchführung eines mit einer Ausschreibung verbundenen Nachbesetzungsverfahrens kann vermieden werden, indem der Vertragsarztsitz an den Ort des Medizinischen Versorgungszentrums verlegt und dann gemäß § 103 Abs. 4 b Sozialgesetzbuch V auf seine Zulassung verzichtet, um sich beim MVZ anstellen zu lassen.
Praxisabgabe an MVZ
So ist sichergestellt, dass das MVZ auch tatsächlich den KV-Sitz des Praxisabgebers erhält  und andere ärztliche Mitbewerber nicht für Komplikationen sorgen können.


Begründung des Zulassungsauschuss

Sofern ein MVZ in den Vorgang einer Praxisabgabe involviert ist, wird der erworbene KV-Sitz stets zum Vertragsarztsitz des MVZ inkludiert. Dabei kann das MVZ den KV-Sitz jedoch nicht an dem Ort des Praxisabgebers fortführen.

Viele Zulassungsausschüsse begründen diese Vorgehensweise damit, dass auch das  MVZ einen hauptberuflichen Vertragsarztsitz hat und das MVZ, wie im Übrigen auch der Vertragsarzt, nicht zwei hauptberufliche Vertragsarztsitze aufweisen kann.


Fazit: Fortführung der Kassenzulassung am Vetragsarztsitz

Sofern das MVZ den Vertragsarztsitz eines Praxisabgebers an dessen Vertragsarztsitz fortführen will, geht dies nur in Form der Gründung einer Zweigpraxis bzw. Praxisfiliale, die genehmigungspflichtig ist.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Zulassungsausschuss die Genehmigung einer Zweigpraxis mit Nebenbestimmungen, etwa zeitliche Befristung der Genehmigung oder Beschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit, versehen kann. 
Praxisübernahme durch MVZ
MVZ kauft Arztpraxis


Rechtliche Voraussetzungen (Ärzte-ZV, SGB V, Bedarfsplanung)

Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung (Kassensitz) ist nach §95 SGB V ein höchstpersönliches, nicht übertragbares Recht. Ein direkter Verkauf des KV-Sitzes ist daher unzulässig. Möchte ein niedergelassener Arzt seinen Sitz an ein MVZ „übertragen“, kommen im Wesentlichen zwei Wege in Betracht.

1. Normales Nachbesetzungsverfahren (§103 SGB V): Der ausscheidende Arzt beantragt bei der KV auf Ausschreibung des frei werdenden Sitzes. Das MVZ tritt dann als Bewerber auf diesen ausgeschriebenen Sitz auf und benennt einen approbierten Arzt zur Übernahme. Erhält das MVZ den Zuschlag, geht der Sitz auf die MVZ-Trägergesellschaft über (durch Genehmigung der Beschäftigung des benannten Arztes im MVZ)
kvb.de

2. Sitzverlegung und Zulassungsverzicht (§103 Abs. 4b SGB V): Alternativ kann der Arzt seinen Sitz an den Ort des MVZ verlegen lassen und gleichzeitig gemäß §103 Abs. 4b SGB V auf die Zulassung verzichten, um dann als angestellter Arzt im MVZ tätig zu werden.

Bei beiden Verfahren muss die Bedarfsgerechtigkeit beachtet werden: Eine Verlegung des KV-Sitzes ist nur innerhalb desselben Planungsbezirks zulässig und nur dann genehmigungsfähig, wenn dadurch die Versorgung am bisherigen Standort nicht beeinträchtigt wird

Der Zulassungsausschuss prüft demnach im Einzelfall, ob eine Versorgungsverschlechterung vorliegt, und kann Anträge auf Verlegung oder Beschäftigung im MVZ ablehnen, wenn am ursprünglichen Sitz eine bedarfsplanmäßige Versorgung gefährdet wäre.


Fortführung am bisherigen Standort durch das MVZ (Zweigpraxis/Betriebsstätte)

Soll die ärztliche Tätigkeit nach Praxisabgabe weiterhin am bisherigen Standort ausgeübt werden, kann das MVZ dort eine Zweigpraxis bzw. Betriebsstätte einrichten. Wie bei Einzelpraxen bedarf dies einer Genehmigung nach §?24 Abs. 3 Ärzte-ZV. Die KVen bestätigen, dass ein MVZ – genauso wie jede andere Praxis – Niederlassungen an weiteren Orten führen kann.
Praxisfortführung am bisherigen Standort
  • Das MVZ muss hierfür einen Antrag auf Genehmigung der Zweigpraxis stellen
  • Die Zulassungsvoraussetzungen sind nach §24 Abs. 3 Ärzte-ZV erfüllt, wenn die zusätzliche Praxis am Zweitstandort eine Verbesserung der Versorgung bringt und die Versorgung am Hauptsitz nicht verschlechtert wird. Über diesen Antrag entscheidet ebenfalls der Zulassungsausschuss der KV.

Rolle des Zulassungsausschusses und Genehmigungsprozess
Der Zulassungsausschuss der KV steuert das Verfahren. Im Nachbesetzungsverfahren prüft er zunächst auf Antrag des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben, ob eine Ausschreibung des Sitzes erfolgen soll. Kann aufgrund des Bedarfsbedarfs abgelehnt werden, sind Entschädigungszahlungen (§103 Abs. 3a SGB V) vorgesehen.

Wird dausgeschrieben und bewirbt sich das MVZ mit Namensnennung eines approbierten Arztes, entscheidet der Ausschuss über die Vergabe. Erteilt er dem MVZ den Zuschlag, überträgt sich die Zulassung auf das MVZ (durch die Genehmigung der Anstellung des benannten Arztes im MVZ).

In allen Fällen muss der Zulassungsausschuss die Versorgungssituation wahren. Nach den Vorgaben des SGB V und der Ärzte-ZV darf er etwa die Beschäftigung des MVZ-Arztes oder die Sitzverlegung verweigern, wenn dadurch eine bedarfsgerechte Versorgung am bisherigen Ort beeinträchtigt wird. Nach judikativer Vorgabe des BSG muss der auf Verzicht in das MVZ wechselnde Arzt außerdem mindestens drei Jahre im MVZ tätig sein.

Insgesamt entscheidet also die KV auf Antrag, ob und unter welchen Bedingungen die Nachfolge durch das MVZ rechtlich zulässig ist. 

Steuerliche und wirtschaftliche Aspekte (Praxisübertragung, Goodwill, USt, ESt)
Wirtschaftlich handelt es sich bei der Praxisübernahme durch ein MVZ um einen Kauf von Praxisvermögen und – insofern möglich – von Patientenstamm („Goodwill“ oder Praxiswert). Nach gängiger Praxis umfasst der Kaufpreis die materiellen Wirtschaftsgüter (Einrichtung, Geräte, ggf. Immobilie) sowie den immateriellen Wert (Patientenstamm, Praxiswert).

Umsatzsteuer bei der Praxisabgabe
Wird die gesamte Praxis (Praxisbetrieb im Ganzen) übernommen, liegt eine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen – Praxiseinrichtung, Geräte, Patientenstamm und Praxiswert – müssen dabei auf den Erwerber übergehen. Anders verhält es sich beim Verkauf der Zulassung allein: Ein isolierter Zulassungsverzicht gegen Entgelt (mit anschließender Anstellung im MVZ) ist steuerbar und unterliegt dem Regelsteuersatz (19?%). Vor 2010 war dies anders, aber seit EuGH-Rechtsprechung ist die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter – wie der Zulassung – als sonstige Leistung umsatzsteuerpflichtig.

Einkommenssteuer bei der Praxisabgabe
Für den Arztverkäufer gilt der Veräußerungserlös als Gewinn aus der Veräußerung des Praxisvermögens. Dieser Gewinn unterliegt der Einkommensteuer; ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn kann sich aus §?16 EStG (Veräußerungsfreibetrag, ggf. nach Vollendung des 55. Lebensjahres) ergeben. Laut Fachliteratur realisiert der Arzt beim Verzicht auf die Zulassung einen steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen (etwa für den Veräußerungsfreibetrag) vorliegen. Auch der ermäßigte Steuertarif nach §?34 EStG oder die Teilfreistellung nach §?3 Nr. 16 EStG können – analog zur Praxisaufgabe – eine Rolle spielen. Für den Käufer (MVZ) wird der Praxiswert als immaterieller Vermögensgegenstand bilanziert: Er kann die Anschaffungskosten (Goodwill, Einrichtungen, Geräte usw.) ggf. über die Nutzungsdauer abschreiben.
KV-Sitz Abgabe an MVZ
Steuerliche Aspekte bei Praxisabgabe an MVZ


Zusammenfassung: KV-Sitz Abgabe an MVZ

Ein KV-Sitz lässt sich nur indirekt „verkaufen“. Rechtlich führt entweder das formelle Nachbesetzungsverfahren der KV oder ein Zulassungsverzicht mit Sitzverlegung zum Ziel. Das MVZ muss die Übernahme über den Zulassungsausschuss genehmigen lassen und dabei sicherstellen, dass die Versorgung vor Ort erhalten bleibt.

Steuerlich ist der Praxisübertrag als Geschäftsübergang (ganzes Unternehmen) in der Regel umsatzsteuerfrei, während ein reiner Zulassungsverzicht umsatzsteuerpflichtig ist.

Entgeltliche Zahlungen für Praxiswert und Zulassung fließen als Veräußerungsgewinn in die Einkommensteuer des Verkäufers ein (ggf. begünstigt nach den EStG-Regelungen). Die genannten Grundsätze finden sich in den einschlägigen Gesetzen (§§?95, 103 SGB V, Ärzte-ZV) sowie in aktuellen Handreichungen der KVen und medizinrechtlicher Literatur.
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RA Dr. jur. Rainer Mühlbauer
27.04.2025

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