... dass sich bei der Praxisübernhame einer Vertragsarztpraxis der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt zu einem selbstständigen immateriellen Wirtschaftsgut materialisiert, wenn der Kaufpreis der Praxis erheblich vom Verkehrswert der Praxis abweicht.
Die Aufteilung des Kaufpreises in einen Praxisteil und einen KV-Sitz entfällt, wenn aus dem Praxiskaufvertrag hervorgeht, dass es den Vertragsparteien ausschließlich um die Übertragung des KV-SItzes ging und der Arzt kein Interesse an der Fortführung der Praxis nach der Praxisabgabe haben.
Das Urteil bedeutet, dass bei der Praxisübergabe in Form des alleinigen KV-Sitzes ein immaterielles Wirtschaftsgut erworben wurde, dass keiner Abnutzung unterliegt. Wenn das Wirtschaftsgut jedoch keiner Abnutzung unterliegt, so ist eine steuerlich wirksame Abschreibung des erworbenen Praxiswertes nicht möglich.
Der Sachverhalt
Eine Berufsausübungsgemeinschaft BAG vereinbarte mit dem Arzt A die Praxisübernahme dessen radiologischer Einzelpraxis, die in einem für Radiologen gesperrten Planungsbereich lag. Im Kaufvertrag verpflichteten sich die Vertragsparteien, alles Erforderliche zu unternehmen, damit der KV-Sitz von A auf einen von der BAG bestimmten Arzt übergehen könne. Wenn dies nicht gelänge, sollte der Vertrag rückabgewickelt werden.
Darüber hinaus war im Praxiskaufvertrag vereinbart, dass der Praxisstandort seitens der BAG bei Beendigung der Tätigkeit von A nicht übernommen werden solle. Weiter könne die BAG die bestehenden Geräte und Praxiseinrichtungen zwar übernehmen, jedoch ging man davon aus, dass sämtliche Geräte und Einrichtungsgegenstände veraltet seien.
Das Mietverhältnis und der Standort sollten bei A verbleiben, wohingegen das Personal im Wesentlichen von der BAG übernommen werden sollte (letztlich wurden von 13 Angestellten lediglich vier übernommen). Schließlich wurde A noch das Recht eingeräumt, privatärztlich Knochendichtemessungen in seinen dann alten Räumen durchzuführen.
Stillschweigen vereinbart
Über die getroffenen Vereinbarungen sollte strengstes Stillschweigen über den Praxisverkauf herrschen, insbesondere auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung KV. Bei Gelingen der Praxiserkaufs in Form des KV-Sitzes sollte ein Kaufpreis in Höhe von 425.000 Euro fließen, bei einem Scheitern wäre der komplette Vertrag zurückabzuwickeln.
Für die ursprüngliche Praxis hatte A ein Wertgutachten anfertigen lassen, das ihm einen Verkehrswert von rund 190-000 Euro aufgrund der Gewinne der vergangenen drei Jahre bestätigte. In einem Nachtrag wurde der Wert auf rund 330.000 Euro angehoben. Die Anhebung erfolgte unter der Prämisse, dass erhebliche Investitionen erfolgen müssten und dadurch künftig höhere Erträge realisiert werden könnten.
Die Praxisabgabe wurde vom Finanzgericht wie folgt interpretiert
Es ging den Ärzten allein um die Praxisübergabe des KV-Sitzes. Bei der Praxisabgabe spielten Patienten nur eine Nebenrolle. An einer Praxisübernahme der Arztpraxis mit Praxisgeräten, Praxisstandort, Know-how, Personal war man nicht interessiert.
Der gezahlte Kaufpreis in Höhe von 425.000 Euro sollte alleine für den VKV-Sitz fließen. Der Kaufpreis überstieg dabei den Verkehrswert der Arztpraxis um rund das 1,3-fache.
Das Arztpraxis verkaufen gelang in der geplanten Form, der Praxiskaufvertrag wurde abgeschlossen, der KV-Sitz übertragen und der Kaufpreis floss. Das dicke Ende kam, als die erwerbende BAG den erworbenen Praxiswert in ihrer Gewinnermittlung abschreiben wollte.
Das Finanzamt versagte den Abzug der Abschreibungen, da die Berufsausübungsgemeinschaft BAG den gesamten Kaufpreis ausschließlich für den Erwerb des KV-Sitzes gezahlt habe. Der Vertragsarztsitz an sich sei ein immaterielles Wirtschaftsgut, das keiner Abnutzung unterliege und somit nicht abschreibbar sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg, ebenso die Klage in erster Instanz.
Grundsätzlich wird beim Arztpraxis kaufen ein einheitlicher Praxiswert erworben, der sich unter anderem aus Patientenstamm, Standort, Facharztgruppe und KV-Sitz zusammensetzt. Diese Faktoren stellen das Gesamtpaket dar, welches den Praxiswert zusammensetzt (FG Nürnberg, AZ 6 K 1496/12; Oberfinanzdirektion Magdeburg, AZ S 2134a-15St213). Wenn der Praxiskaufpreis dem Verkehrswert bzw. Marktwert der Praxis entspricht, so ist der Praxiswert einheitlich zu behandeln.
Es entsteht nach Ansicht des Finanzgerichts Nürnbergs kein zusätzlicher Vorteil aus der Vertragsarztzulassung. Wenn aber der Praxiskaufvertrag und das Bestreben der Ärzte auf dem Erwerb des KV-Sitzes besteht, so will der Arzt bei der Praxisübernhame lediglich den wirtschaftlichen Vorteil aus dem KV-Sitz erwerben.
Dieser Vorteil materialisiert sich dann als selbstständiges, immaterielles Wirtschaftsgut. Da dieses neu geschaffene Wirtschaftsgut aber keiner Abnutzung unterliegt, kann dieses Wirtschaftsgut Arztpraxis auch nicht abgeschrieben werden.
170.000 Euro Schaden
Das Gericht sah nach dem Praxisverkauf auch keine Veranlassung dahingehend, den Praxiskaufpreis in einen abschreibbaren (wie z. B. Patientenstamm) und einen nicht abschreibbaren Teil aufzuteilen. Die Begründung lautete auch hier, dass der komplette Erwerbsvorgang auf den KV-Sitz ausgerichtet gewesen sei. Auf den Patientenstamm, Standort, Einrichtung oder ähnliches sei es den Ärzten nicht angekommen.
Das Finanzgericht sieht sich insoweit in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der von der Verselbstständigung des Vorteils aus KV-Sitzen ausgeht, wenn ein Arzt an einen ausscheidenden Arzt eine Zahlung leistet, ohne dessen Arztpraxis zu übernehmen, weil er den KV Sitz an einen anderen Ort verlegen will.
Soll ein steuerlicher Nachteil beim Praxiskauf vermieden werden, darf der Kaufpreis daher nicht über dem Verkehrswert der Praxis liegen (BFH, AZ VIII R 13/08), mehr zu dem Thema auf unserer speziellen Arztbörse Ärztefortbildung für den professionellen Praxiskauf und Praxisverkauf.